In unruhigen Zeiten suchen wir nach Ankerpunkten, nach Gleichgesinnten, nach Geborgenheit und Ruhe. Wir suchen nach etwas Neuem, denn das Alte hat seine Tragkraft, seinen Reiz verloren. Beständig zu konsumieren und die Konsumspirale in Gang zu halten, scheinen nicht mehr unsere obersten Ziele zu sein. Wir wünschen uns etwas, das dem Menschsein mehr entspricht. Ein Miteinander, in dem wir uns aufgehoben fühlen. Wir sehnen uns nach Wahrhaftigem, Verbindlichem und Verlässlichem und haben die Lügen und Halbwahrheiten, mit denen wir abgespeist und in Schach gehalten werden satt. Bevormundung, Erpressung und dem Aufrechterhalten einer wie auch immer gearteten Bedrohungslage sind wir überdrüssig geworden. Wir möchten uns neu ausrichten, Verantwortung für unser Leben und Erleben übernehmen und raus aus der Enge der Vorschriften, Belehrungen und Moralisierungen. Wir sind viele und haben Großes vor. Wir erfreuen uns am Austausch, dem ernsthaften Interesse aneinander und an einer wachsenden Gemeinschaft. Es gibt viele gute und wertvolle Strategien, die die physische Ebene betreffen, die sich um die Versorgung mit Nahrungsmitteln, alternativen Zahlungsmitteln und das Überleben an sich beschäftigen. Doch bei all dem, was uns wichtig erscheint, richten wir zu wenig Aufmerksamkeit auf unsere seelische Verfassung, auf das, was uns aus den Tiefen unseres Seins lenkt. Die mangelnde Hinwendung zu dieser Ebene, lässt uns in die Fallen tappen, die uns von Kindesbeinen indoktriniert wurden. Es sind unsere eigenen und die durch gesellschaftliche Normen und Regeln entstandenen Prägungen und Muster, unsere liebgewonnenen Gewohnheiten, unsere Erwartungen und Vorstellungen, die uns im Wege stehen und das Einlassen auf ein neues Miteinander blockieren. Es ist schwerlich möglich über sich selbst und die Strukturen hinauszuwachsen, solange wir uns den Raum, die Zeit und die Ruhe zur Innenschau verwehren.
Alles neu!
Etwas Neues soll entstehen, soviel ist gewiss. Doch wie kann es aussehen? Allein der Begriff „neu“ sagt aus, dass das, was entsteht, neu, also unbekannt, undefiniert, sogar unvorhersehbar ist. Neu ist eben neu und nicht ein Abklatsch dessen, was es bereits gibt. Wir sind bemüht und motiviert und gießen dennoch an vielen Stellen frischen Wein in alte Schläuche. Mit Bedauern können wir dabei feststellen, dass unsere Bestrebungen etwas Neues auf den Säulen der alten Strukturen aufzubauen dazu führt, dass wir das Fundament nur stärker zementieren, von dem wir uns eigentlich lösen möchten. Manche, die nach Neuem streben, versuchen sich mit aller Macht gänzlich vom bestehenden System abzutrennen und bedienen sich dabei denselben Angst schaffenden Mechanismen, die das System nutzt, um sie an sich zu binden. Angst ist immer ein schlechter Begleiter. Auf ihr basieren die Programme und Denkweisen, die uns klein halten, manipulierbar machen und uns unseres Vertrauens berauben.
Es mag vermessen sein, aber ich denke, die neuen Verbindungen, die entstehen, werden erst zukunftsträchtig sein, wenn wir uns dem wahren Kern des Miteinanders zuwenden. Neue Strukturen erschaffen sich nicht über das Außen, sie erschaffen sich durch uns, aber erst dann, wenn wir beginnen, die Mechanismen des Alten in uns zu erkennen. All das, was uns geformt hat, wirkt in jeder Faser, in jedem Gedanken, in jeder Erwartung, in jeder Befindlichkeit, in all unserem Handeln und unserem gesamten Sosein. Wir können uns nicht vom dem trennen, was uns in Gänze durchdrungen hat, sondern sind angehalten Bewusstsein darüber zu erlangen, was uns lenkt, um entscheiden zu können, wie wir zukünftig damit umgehen möchten. Erlangen wir kein Bewusstsein über die Mechanismen, die uns aus unseren Tiefen lenken, so versuchen wir eine neue Zukunft auf den Säulen der Vergangenheit aufzubauen und werden feststellen müssen, dass das Neue alsbald am Alten krankt. Wenn wir uns tatsächlich für das Neue entscheiden, so müssen wir uns zwangläufig der Leere zuwenden, die es impliziert. Dann wir sind angehalten uns einzugestehen, dass wir nicht wissen, was kommt und wie es sich entwickeln wird. Das wiederrum erfordert von jedem einzelnen hohe Flexibilität und Anpassungsfähigkeit. Wir werden aufgefordert die Zügel aus der Hand zu geben und den Dingen ihren Lauf zu lassen. Doch genau das ist das Problem, denn das macht uns Angst. Unser Nichtwissen ist es, sowie die Angst vor dem großen Loslassen, die uns innerlich umtreiben und das Geschehenlassen verhindern.
Wenn wir jedoch das Neue nur als eine Ergänzung des Alten sehen und aus beiden die Vorteile ziehen wollen, dann folgen wir unseren alten Mustern und agieren aus dem Mangel heraus. Wenn wir glauben, am komfortablen Leben festhalten zu können und gleichzeitig etwas Neues erschaffen, dann haben wir uns nicht für eine wahrhaftige Veränderung ausgesprochen. Wir sagen zwar Ja zur Veränderung, aber es ist keine Entscheidung des Herzens, sondern ein Abwägen des Verstandes, welches sich jeweils an die äußeren Bedingungen anpasst und nach dem größtmöglichen persönlichen Gewinn Ausschau hält.
Bist du bereit?
Immer wieder sind wir - und da schließe ich mich natürlich mit ein - angehalten uns zu fragen, ob und inwieweit wir wirklich bereit sind, uns auf den Prozess der großen Veränderung einzulassen, uns der Ungewissheit hinzugeben und uns unseren eigenen Ängsten zu stellen. Wir dürfen uns fragen, ob wir wirklich bereit sind, unsere Ängste anzuschauen, die Ängste vor Ablehnung und Ausgrenzung, die Ängste vor schwindender staatlicher Vollversorung und Absicherung z.B. im Falle von Krankheit, Rente oder anderen Bezügen. Ist es überhaupt vorstellbar für uns z.B. unsere Gesundheit vollständig in die eigenen Hände zu nehmen oder gehen wir in letzter Konsequenz doch zum Arzt und ziehen unsere Krankenversicherungskarte durch das Lesegerät. Sind wir wirklich bereit uns selbst, unseren eigenen Heilkräften und den Kräften der Natur zu vertrauen, oder stoßen wir hier an eine elementare Grenze? Wie tief verwurzelt ist der Glaube in uns, dass wir jemand anderen für unsere eigene Gesundheit und unser Wohlergehen brauchen? Wie klein ist das Vertrauen in uns selbst und die Richtigkeit aller Dinge, die uns davon abhält, unser Leben tatsächlich in eigenverantwortlich zu gestalten?
Sind wir wirklich bereit kleine Schritte zu tun, Rückschritte in Kauf zu nehmen, uns im Prozess zu beobachten und immer wieder neu einzulassen? Wir brauchen uns nichts vorzumachen, wir alle haben die Schulbank der Konformität gedrückt und haben uns vielleicht erst vor kurzer Zeit auf die Suche nach unserer wahren Identität, unserer Individualität gemacht. Wir dürfen uns eingestehen, dass wir womöglich unerfahren sind und uns erproben müssen, in einem neuen Verständnis vom Ich-Sein, vom Dasein und Miteinander. Und doch sollten wir es als die größte Chance unseres und des Lebens unserer Kinder und Kindeskinder sehen, das Konforme aus jeder Faser unseres Seins zu lösen. Jedoch nicht im Kampf, denn der Kampf gehört zum alten System, ebenso wie die Angst. Wenn wir uns ihrer Mittel bedienen und gegen das System und seine Fänge ankämpfen, so verfestigen wir nur die alten Strukturen tiefer in uns. Der Kampf, ist der Handlanger der Angst. Wer in Frieden ist, kämpft nicht, wer nicht kämpft, liebt. Wer liebt, vertraut. Wer vertraut, kann sich den Veränderungen des Lebens bedingungslos hingeben.
Durch mich, zu dir, ins Wir
Alles, was beginnt, fängt in uns selbst an. Solange wir mit der alten Perspektive in die Welt schauen, die alten Gedanken denken, unsere alten Wertsysteme den neuen überstülpen, wird sich im Wesentlichen nichts verändern. Auch Prophezeiungen, die eine neue wundervolle Zeit vorhersagen, sollten wir ebenso wenig aufsitzen wie Weltuntergangszenarien. Anstatt wie gewohnt alles in die Hände anderer zu legen, - sei es Wissenschaftlern, Medizinern, Politikern, Gurus und anderen Lichtboten - sollten wir uns auf unsere Fähigkeiten und Talente besinnen, unser Potenzial ergreifen und im höchsten Sinne zu handeln beginnen.
Bei all dem, was wir zu verändern wünschen, sollten wir immer im Blick haben, dass wir Menschen sind. Wir alle sind fehlbar, haben Schwächen und Befindlichen, die uns ausbremsen können. Gerade deshalb sollten wir gütig und milde mit uns selbst, anderen und dem Prozess des wachsenden Miteinanders sein. Wir brauchen kein Ziel, sondern vielmehr einen Gemeinschaftsgeist, einen Geist, der uns trägt und sich durch alles webt. Einen Geist der lebendigen Herzverbundenheit, bei dem wir im Einklang miteinander agieren und uns am gemeinsamen Sein erfreuen.
Das neue Miteinander beginnt in mir. Wenn ich in der Lage bin mich in meiner Ganzheit anzunehmen, dass Du und das Wir in mir zu erkennen, bin ich selbst der Nährboden für ein stabiles, vertrauensvolles, freies und lebendiges Miteinander.
In meiner Welt herrscht Frieden ....